Es ist ein häufiges Anliegen vieler Eltern: Warum nehmen die Kontakte zu ihren Kindern nach deren Auszug aus dem elterlichen Zuhause ab? Dieser Artikel beleuchtet die vielfältigen Ursachen dieses Phänomens und bietet konkrete Strategien zur Wiederherstellung engerer Bindungen zu erwachsenen Kindern.
Vielfältigen Ursachen für die Distanz zu eigenen Kindern
Es gibt zahlreiche Faktoren, die dazu führen können, dass junge Erwachsene nach ihrem Auszug aus dem Elternhaus weniger Kontakt zu ihren Eltern pflegen. Einer dieser Gründe ist, dass sie ihr eigenes Leben führen und möglicherweise eigene Partnerschaften eingehen. Berufliche Verpflichtungen, Studium oder andere Verpflichtungen halten sie in Atem, und oft vergessen sie schlichtweg, sich regelmäßig bei ihren Eltern zu melden.
Einfluss elterlicher Erwartungen und Einmischung auf die Beziehung zu eigenen Kindern
Neben den genannten Gründen spielt ein weiterer entscheidender Faktor oft eine Rolle: der Mangel an Toleranz seitens der Eltern.
Was ist Toleranz? Toleranz basiert auf der Fähigkeit, andere Ansichten und Verhaltensweisen zu akzeptieren, solange sie das Leben des Einzelnen nicht bedrohen. Wenn das, was die Kinder tun, keinen direkten Einfluss auf das Leben der Eltern hat, sollten diese keine Entscheidungsgewalt oder Mitspracherecht beanspruchen. Sie können ihren Rat nur anbieten, wenn ihre Kinder darum bitten.
Zudem neigen Eltern dazu, ihre eigenen ungelösten Probleme oder unerfüllten Wünsche auf ihre Kinder zu übertragen, in der Hoffnung, dass es diesen dadurch besser ergeht als ihnen selbst. Diese Erwartungen und Einmischungen können jedoch dazu führen, dass sich erwachsene Kinder von ihren Eltern distanzieren.
Herausforderung der Kommunikation mit eigenen Kindern
Stell dir vor, wie es wäre, wenn deine Eltern dir ständig vorschreiben würden, was du tun sollst. Du hast vielleicht selbst solche Erfahrungen gemacht und Techniken entwickelt, um damit umzugehen. Vielleicht lenkst du das Gespräch auf andere Themen, ignorierst Ratschläge oder bleibst trotzdem in Kontakt, um deine Pflichten zu erfüllen.
Weg zur Versöhnung mit eigenen Kindern
Früher war es üblich, Dinge zu tun, selbst wenn sie keine Freude machten, einfach weil es erwartet wurde. Die Zeiten haben sich jedoch geändert, und Menschen neigen dazu, Kontakte zu meiden, die ihnen Unbehagen bereiten. Das kann zu einer Herausforderung werden, wenn es darum geht, Probleme anzusprechen und Lösungen zu finden. Kinder könnten versucht haben, ihre Bedenken bereits im Elternhaus zu äußern, aber wenn diese nicht ernst genommen wurden, kann das dazu führen, dass sie den Kontakt oder die Gespräche reduzieren. Oft wird dies auf die Pubertät geschoben, aber meiner Meinung nach liegt es eher daran, dass Eltern sich oft in Dinge einmischen und ein Wörtchen mitreden wollen, obwohl es sie nicht betrifft.
Schlüsselstrategien für eine bessere Beziehung zu eigenen Kindern
Was kannst du also tun? Mit zunehmendem Alter werden Kinder unabhängiger und übernehmen Verantwortung für ihr eigenes Leben. Wenn Eltern sich jedoch in Angelegenheiten einmischen, die sie nicht betreffen, kann das bei ihren Kindern unangenehme Gefühle hervorrufen. Selbstverständlich geschieht dies aus gutem Willen, aber gute Absichten führen nicht immer zu guten Gefühlen. Wenn die Entscheidungsfähigkeit der Kinder in Frage gestellt wird, können sie das Gefühl haben, nicht geschätzt oder geliebt zu werden, wenn sie nicht nach den Vorstellungen ihrer Eltern handeln.
Bedeutung von Respekt und Toleranz gegenüber eigenen Kindern
Welche Strategien können helfen, den Kontakt zu den eigenen Kindern zu intensivieren? Zunächst einmal ist es wichtig, dein eigenes Verhalten zu hinterfragen. Überlege, wo du dich in der Vergangenheit in das Leben deiner Kinder eingemischt hast, obwohl es nicht notwendig war und dich nicht direkt betraf. Wenn deine Kinder noch zu Hause leben, sei bereit, diese Themen offen anzusprechen und “Es tut mir leid” oder “Wenn … ungute Gefühle bei dir ausgelöst hat, war dies nicht meine Absicht” zu sagen. Daraus kann sich ein Gespräch entwickeln.
Der Weg zur Versöhnung mit eigenen Kindern
Verknüpfe dein “Es tut mir leid” jedoch nicht mit der Erwartung, dass alles sofort besser wird. Vergangene Handlungen können Verletzungen hinterlassen haben, die Zeit benötigen, um geheilt zu werden. Es ist ratsam, die Ursprünge dieser Einmischungen zu identifizieren und zu akzeptieren, dass deine Kinder individuelle Entscheidungen treffen müssen, auch wenn sie sich von deinen Vorstellungen unterscheiden.
Balance zwischen Unterstützung und Freiheit für deine eigenen Kinder
Wenn deine Kinder bereits ausgezogen sind, frage dich, ob die Informationen, die sie dir mitteilen, für dich relevant sind. Wenn du erkennst, dass sie Unterstützung brauchen könnten, biete deine Hilfe an, aber zwinge ihnen keine Pläne oder deine Unterstützung auf. Lasse sie ihre eigenen Entscheidungen treffen und trage keine Schuld oder Erwartungen auf, die ihren eigenen Lebensweg beeinflussen könnten.
Warum Schweigen keine Option ist
Einige Eltern neigen dazu, aufgrund negativer Erfahrungen schweigend zu bleiben, obwohl sie eigentlich gerne sprechen würden. Beachte jedoch, dass das Unterdrücken deiner Ratschläge unbewusst ebenfalls unangenehme Gefühle bei deinem erwachsenen Kind auslösen kann (beachte auch 1. Systemgesetz – Zugehörigkeit). Lasse deinem Kind die Entscheidung, ob es bereit ist, deinen Rat zu hören oder nicht. Und wenn es ein Nein ist, akzeptiere es. Wenn dein Kind Wochen oder Monate später erneut mit dem Thema kommt und du immer noch gerne etwas dazu sagen möchtest, frage auch dann, ob es deinen Rat hören möchte. Die Zeit kann die Perspektiven ändern, und du solltest die Wahl deines Kindes respektieren.
Die Bedeutung von Geduld und Verständnis
Es ist wichtig, die Individualität deiner Kinder zu respektieren und ihre Wünsche und ihr Leben zu akzeptieren (beachte auch 2. Systemgesetz – Wertschätzung, Anerkennung, Respekt). Wenn du an deinem eigenen Verhalten arbeitest und Toleranz zeigst, kannst du die Beziehung zu deinen Kindern stärken und wieder näher zueinander finden. Beachte jedoch, dass dieser Prozess Zeit und Geduld erfordert.
Die Bedeutung lang zurückliegender Verletzungen auf die Kommunikation mit eigenen Kindern
Du selbst hast sicherlich Erlebnisse aus deiner eigenen Kindheit, die unangenehme Erinnerungen oder ungute Gefühle ausgelöst haben. Selbst wenn du deinen Eltern heute nicht böse bist, können diese Erfahrungen immer noch in dir gespeichert sein. Diese Erlebnisse können deine Handlungsweise als Vater oder Mutter beeinflussen. Wenn du feststellst, dass du solche Erlebnisse hast, ist es sinnvoll, sie zu verarbeiten. Das Systemempowering zusammen mit URSA kann hierbei hilfreich sein. Denn die Auflösung und Bearbeitung vergangener unangenehmer Ereignisse kann die Beziehung zu deinen Kindern verbessern. Warum das so ist, lässt sich nicht genau sagen, aber Erfahrungen deuten darauf hin, dass es funktioniert.